Jennys Geschichte

Jennies Cousine Melissa erzählt:

Hallo, ich heiße Melissa und bin 13 Jahre alt. Ich möchte euch von meiner Cousine Jenny erzählen. Die ist gerade zwei Jahre alt geworden. Aber das ist gar nicht so wichtig. Wichtiger ist, dass Jenny im Januar ein Stück vom rechten Bein amputiert wurde. Ich fand es ganz schlimm, dass alle das immer vor mir verheimlichen wollten. Also wirklich, ich bin doch nicht blind! Schon als Jenny zur Welt kam, sah ihr rechtes Bein total anders aus als das andere.

Es war kürzer und viel dünner als das andere. Ich fand das komisch. Aber viel interessanter fand ich Jennys Babykulleraugen. Ich habe immer mal auf sie aufgepasst. Und durfte sie sogar mit dem Fläschchen füttern, als sie noch ganz klein war. Etwas später konnte ich ihr sogar Brei auf einem Löffel geben. Das mit dem Bein hatte ich eigentlich längst vergessen. Jenny konnte toll krabbeln, war fröhlich und kam überall hin, wohin sie wollte. Aber Babys wollen ja auch irgendwann mal aufstehen und gehen. Und das war bei Jenny richtig schlimm. Ihr rechtes Bein war ja zu kurz und zu dünn. Und so fiel sie immer hin und tat sich weh. Meine kleine Schwester ist auch beim Laufen lernen immer hingefallen. Aber das war anders. Ganz schlimm fand ich, dass meine Tante und mein Onkel irgendwie ganz verzweifelt waren. Wenn es um Jenny ging, flüsterten sie immer.

Ich hatte dann richtig Angst um Jenny, weil ich dachte, es ist etwas richtig Schlimmes mit ihr. Dabei war sie doch immer fröhlich, lachte und spielte mit mir. Nur weinte sie eben besonders, wenn sie gehen wollte und hinfiel. Ich kam dann in eine andere Schule und hatte immer ganz viele Hausaufgaben. So konnte ich Jenny weniger besuchen. Als ich dann Jenny wieder einmal sah, hatte sie ein riesig großes Gestell an ihrem Bein. Damit konnte sie sich gar nicht mehr richtig bewegen – auch nicht mehr krabbeln. Und das machte sie jetzt auch nicht mehr. Ich fand, dass ihre Augen viel trauriger geworden waren.
Dann bekamen meine Tante und mein Onkel Besuch von Andrea aus Hamburg. Zuerst wusste ich nicht, wer sie war oder was sie wollte. Dass es um Jenny ging, war mir aber klar. Ich sollte spielen gehen, sagten meine Eltern. Aber ich habe an der Tür gelauscht. Verstehen konnte ich nicht viel. Aber ein Wort habe ich gehört und es mir gemerkt, weil es so seltsam klang „Amputation“. Wisst ihr, was ich dazu in meinem  Computer gefunden habe? Ich konnte nächtelang nicht schlafen, weil im Traum Arme und Beine durch mein Zimmer flogen oder ich abgeschnittene Hosen sah. Ich habe mich auch nicht getraut, jemanden zu fragen. Papa und Mama, Tante Susanne und Onkel Thomas waren so bedrückt und haben immer versucht, es vor mir zu verbergen. Das war das Allerschlimmste! Zum Glück konnte ich dann irgendwann einmal mit Andrea allein sprechen. Sie erklärte mir, dass Jenny mit ihrem Bein wahrscheinlich nie richtig werde gehen können. Auch wenn man versucht, es mit einer Schiene oder so zu strecken. Und sie sagte auch, dass Jennys Eltern über eine Amputation nachdenken. Das sei aber gar keine richtige Amputation, wo ein Bein abgenommen wird, sondern mehr so was wie eine „Korrektur“. So könne Jenny dann eine Prothese bekommen und besser laufen. Das war sehr schön, dass sie mir das erklärt hat. So habe ich nämlich viel weniger Angst gehabt! Es vergingen noch viele Wochen, bis Jennys Bein korrigiert wurde. Andrea war vorher noch viele Male bei Jennys Eltern und mit ihnen im Krankenhaus. Nun hat Jenny die Korrektur überstanden und ist schon seit einigen Wochen wieder zuhause. Demnächst bekommt sie eine richtige Prothese. Ich habe sie sogar schon gesehen – sie ist viel kleiner als dieses riesige Gestell, dass sie vorher an ihrem Bein hatte. Bald werde ich bestimmt mit ihr im Garten spielen können und ich werde ihr helfen, schnell laufen zu lernen.

Andrea Vogt
Andrea Vogt
Jan

Jan

„Bis zu meinem Unfall habe ich regelmäßig Squash und Badminton gespielt und Kraftsport betrieben. Mein liebstes und größtes Hobby war aber seit 1995 das Motorradfahren. Leider wurde mir das bei einem Unfall im September 2004 zum Verhängnis!“, so Jan.

Jans Geschichte